Abschiede sind nicht einfach – auch für den Züchter nicht. In den acht Wochen, die man gemeinsam verbringt, wächst einem mancher Border Collie Welpe mehr ans Herz.

I’ll pro­tect you from the hoo­ded claw,
keep the vam­pi­res from your door.
– »The Power of Love«, Fran­kie goes to Hollywood

Das Pfef­fer­ku­chen­mäd­chen hielt ein Bün­del Rei­sig umklam­mert. Den gan­zen Mor­gen hat­te es dün­ne Zwei­ge gesam­melt, die von den Bäu­men in ihrem Gar­ten gefal­len waren, und einen nach dem ande­ren von den Blät­tern befreit. Der Wind hat­te die gel­ben und brau­nen Blät­ter längst fort­ge­tra­gen, das Bün­del selbst war nackt und glatt, und nur an man­chen Stel­len – dort, wo das Mäd­chen die Blät­ter und Stie­le abge­zupft hat­te –, gru­ben sich Spal­ten und Ker­ben in das jun­ge Holz. Das Pfef­fer­ku­chen­mäd­chen war zufrie­den. Wenn der Win­ter käme – und er wür­de kom­men, mit Eis und Schnee, so hoch, dass der schö­ne Gar­ten ganz unter einen dich­ten, wei­ßen Decke ver­schwän­de –, wäre mit den dün­nen Zwei­gen leicht ein Feu­er zu ent­fa­chen, an dem es sich gemüt­lich sit­zen lie­ße. Als es mit sei­ner Last vor dem Tor ange­kom­men war, das den Gar­ten vom Haus trenn­te, leg­te es das Bün­del ab und warf einen letz­ten Blick über sei­ne Schul­ter, um dem Gar­ten und allem, was dar­in leb­te, Lebe­wohl zu sagen. Dort, im Schat­ten der hohen Bäu­me, hat­te es gespielt. Dahin­ter lagen die Blu­men­bee­te, die in der Hit­ze des Som­mers längst ver­trock­net waren, und die von Wegen und Tun­neln aus lan­gen, gel­ben Stie­len durch­zo­gen wur­den, die immer ein gutes Ver­steck abge­ge­ben hat­ten. Das Ende des Gar­tens beschrieb schließ­lich die Hecke, die »Nein« hieß, und in der – so hat­te man es dem Pfef­fer­ku­chen­mäd­chen ein­ge­schärft –, schon manch ande­res Kind für immer ver­schwun­den war. »Die Hecke ist ein böser, dunk­ler Ort«, hat­te es gehie­ßen, »und an bösen, dunk­len Orten fin­det sich in jedem Mär­chen jemand, der nichts lie­ber tut, als Pfef­fer­ku­chen zu essen«. Das Mäd­chen schüt­tel­te sich, nahm das Bün­del vom Boden und klet­ter­te beherzt über das Gar­ten­tor. Kaum fünf Schrit­te trenn­ten es vom Haus.

Wenn das Leben ein Mär­chen wäre, in dem es kein Geld und kei­ne Arbeit, kei­ne Krank­hei­ten und Sor­gen gäbe, in dem es nur dar­um gin­ge, lan­ge und glück­lich zu leben, dann wäre das Pfef­fer­ku­chen­mäd­chen nun ins Haus gestürzt, hät­te sich an den Tisch gesetzt und gefragt, was es zu Essen gäbe. Es hät­te vom Haus aus zuge­schaut, wie auch das letz­te Blatt von den Bäu­men und schließ­lich der ers­te Schnee gefal­len wäre. Es wäre ein­fach da geblie­ben. Und ich – ich hät­te sei­ne Geschich­ten auf­ge­schrie­ben. Das hät­te ich ger­ne getan.

In jedem Wurf gibt es einen Wel­pen, an dem das eige­ne Herz ganz beson­ders hängt. Einen Wel­pen, der genau das mit sich zu brin­gen scheint, was man sich als Züch­ter erhofft hat. Pep­per war für mich vom ers­ten Tag an so ein Wel­pe. Wenn ich heu­te das Gar­ten­tor hin­ter ihr schlie­ße, dann weiß ich aber, dass ich das bes­te Zuhau­se für sie aus­ge­sucht habe. Ich weiß, dass sie geliebt und umsorgt wer­den, dass es ihr ein Leben lang an nichts feh­len wird.

So enden, so begin­nen Märchen.

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