Drei Welpen, zehn Wochen und das Ende der Urlaubszeit: Man hätte mehr vom Tag, mehr vom Leben, wenn man die schönen Momente einfach kopieren könnte.
Ein Blitzschlag nur für mich
und die, die bei mir sind.
Wer jetzt zweifelt sieht nicht klar.
Ganz egal wie viel davon die Zeit sich
nimmt – wer jetzt blinzelt war nicht da.
Vielleicht ist es wirklich nur ein Jahr,
aber ich will niemals fragen wo ich war.
Wo war ich als das wahr war?
– »Wenn es passiert«, Wir sind Helden
Du beschließt, dich nicht umzudrehen und noch einen Moment länger die Kacheln anzustarren, in denen sich das schmutzig-gelbe Licht der Leuchtstoffröhre bricht. Die Dunstabzugshaube über dir dröhnt. Du weißt, dass du in diesem Augenblick dreiunddreißig Jahre, neun Monate, vierzehn Tage, elf Stunden und etwa achtzehn Minuten alt bist, fühlst dich aber viel älter. Während sich deine Lungen langsam mit Luft füllen, bleibt dein Blick fest auf die weiß gekachelte Fläche vor dir gerichtet, du zählst sechsunddreißig Quadrate, die sich zwischen Kühlschrank und Kaffeemaschine einfügen, vielleicht mehr, vergisst es und beginnst von vorn. Du weißt, dass du in diesem Augenblick seit etwas weniger als sieben Stunden wach bist und noch etwas mehr als zehn wach bleiben musst, dass dein E-Mail-Postfach überquillt, du schreiben, denken, arbeiten musst, und hinter dir drei Welpen unter dem Küchentisch dösen. Du denkst, es wäre schön, dich dazu zu legen. Stattdessen drehst du dich um, lässt blind drei Finger über das Touchpad des Rechners gleiten und schaust zu, wie der Apfel auf dessen Rückseite aufflammt. Deine Augen tasten über den Bildschirm, du schüttelst den Kopf, drückst die Befehlstaste und noch ein Dutzend Mal Z. »Man hätte mehr vom Tag«, denkst du, »wenn man genauso in der Zeit vor und zurück springen könnte«. Der Bildschirm zeigt eine leere Seite. Statt zu arbeiten, beginnst du zu schreiben.
Unentschlossen trommelst du mit den Fingern auf der Tischplatte, markierst schließlich den gerade geschriebenen Absatz und löschst ihn mit der Pfeiltaste. Du weißt, dass du dich glücklich schätzen kannst, nicht jeden Tag im Büro sitzen zu müssen – jetzt, da auch der letzte Tag deines Jahresurlaubs aufgebraucht ist –, und es sich weit besser anfühlt, da zu sein, als alles zu verpassen. Während du versuchst, sechs Wochen in Stunden und Minuten zu zerlegen, überlegst du, wie es wohl anderen Züchtern gelingt, gleich mehreren Würfen gerecht zu werden, und setzt für dich hinter jeden davon ein Fragezeichen. Das Telefon klingelt. Du nimmst ab und kopierst den Gedanken vorläufig in die Zwischenablage.
Es waren einmal drei Welpen …
Du drückst auf Senden und mit dem gleichmäßigen Fortschreiten des Prozentbalkens verschwindet ein Stück Arbeit von deinem Schreibtisch. Darunter liegt mehr, gähnt und öffnet die Augen. Du überlegst, ob du zuerst die Welpen nehmen und – einen nach dem anderen – in den Auslauf im Garten setzen sollst, oder ob du dem Rechner den Vorzug gibst, für den du einen Platz auf dem wackligen Gartentisch neben dem Auslauf vorgesehen hast. Unter dem Kirschbaum ist genug Schatten. Energisch klappst du das Macbook zu, klemmst es dir unter den Arm, bückst dich und schiebst den anderen Arm vorsichtig unter einen der gerade aufgewachten Welpen. Während du die Treppe zum Garten hinunter gehst, denkst du, dass das nicht so leicht wäre, wenn du jeden Tag im Büro sitzen müsstest. Und erst recht nicht, wenn es gar kein Büro gäbe, sondern du Regale einräumen oder Fahrkarten stempeln müsstest.
Buddy, Beau und Pepper stecken die Nasen durch das Gitter und schauen dir beim Arbeiten zu. Du schaust zurück. Du weißt, dass du einen Beruf hast, um Geld zu verdienen, und dass du Hunde züchtest, weil du es liebst. In Gedanken drückst du die Befehlstaste und einmal C. »Man hätte mehr vom Tag«, denkst du, »wenn man die schönen Momente einfach kopieren könnte«.
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