Sechs drei Wochen alte Border Collie Welpen, der erste Ausflug in den Garten und die Frage, was ein Welpe erinnern kann.

I’d give all wealth that years have
piled, the slow result of life’s decay,
to be once more a litt­le child for 
one bright sum­mer day.
– »Soli­tu­de«, Lewis Carroll

Bau­stei­ne, spucki­ge Küs­se und Hun­de, die ihrem Schwanz nach­ja­gen. Wer ver­sucht, sich sei­ne ers­ten bewuss­ten Erin­ne­run­gen ins Gedächt­nis zu rufen, wird nicht sel­ten ähn­li­che Bil­der sehen, wie die­se. Und sich dabei frü­her oder spä­ter die Fra­ge stel­len, ob die­se Bil­der tat­säch­lich dem eige­nen Gedächt­nis ent­stam­men, oder viel mehr nur Bei­werk sind zu Bege­ben­hei­ten, die sehr viel spä­ter von den Eltern oder Groß­el­tern erzählt wor­den sind. An den Umstand, dass ich, kaum das ich spre­chen konn­te, unse­re bei­na­he gleich­alt­ri­ge Schä­fer­hün­din befeh­ligt haben soll, mei­ne ich mich zwar zur erin­nern, weiß aber nicht, wie viel davon ich tat­säch­lich selbst erlebt und wie viel nur selbst erfun­den habe. In mei­ner Erin­ne­rung lie­ge ich bäuch­lings vor dem Fern­se­her, die Nach­mit­tags­son­ne wirft lan­ge Schat­ten auf den Tep­pich unter mir, ich strah­le und stre­cke krä­hend die Hand nach dem Hund aus, der sich mir vor­sich­tig von der Tür aus nähert. Nicht viel davon wird der Wahr­heit ent­spre­chen, denn die frü­hes­ten Erin­ne­run­gen, zu denen ein Mensch fähig ist, las­sen die ers­ten bei­den Lebens­jah­re aus. Ich erin­ne­re mich also nicht an mei­ne, son­dern an die Erin­ne­run­gen von ande­ren – und füge den Wor­ten selbst nur Bil­der hin­zu, die mir ver­traut erschei­nen. Schö­ne Erin­ne­run­gen leuch­ten immer im Licht der Nachmittagssonne.

Die ers­ten Erin­ne­run­gen, von denen ich anneh­me, dass sie mei­ne eige­nen sind, haben mit Tan­ten zu tun. Nicht mit sol­chen, die wirk­lich mit mir ver­wandt gewe­sen wären, eher mit sol­chen, die man so nann­te, weil es schön und ein­fach war: die Tan­ten im Kin­der­gar­ten. Es gibt Bil­der aus die­ser Zeit. Bil­der, die mich in der Male­cke zei­gen, im Sand­kas­ten oder ver­klei­det als Sper­ling mit einem Schna­bel aus Ton­pa­pier. Es gibt Bege­ben­hei­ten, von denen man mir erzählt hat. Bege­ben­hei­ten, die mit »Weißt du noch?« begin­nen und mit einem blau­en Auge und der Früh­stückstas­se eines jäh­zor­ni­gen Kin­des zu tun haben. Und dann gibt es Din­ge – nicht vie­le, nur ein paar – von denen mir nie­mand erzählt, die nie­mand foto­gra­fiert haben kann. Das Gesicht der Tan­te, die kei­ne sein will, und das Gefühl, das ein Drei­jäh­ri­ger hat, wenn er merkt, dass er bloß ein ziem­lich dum­mer Drei­jäh­ri­ger ist, ist eines davon. Man­che Tan­ten wol­len lie­ber Frau­en sein.

Man kann dar­über strei­ten, was ein Wel­pe erin­nert. Nicht wenig davon wird, wie die unfrei­wil­li­ge Tan­te, eher gefühlt als gegen­ständ­lich sein. Als Züch­ter lässt man kaum etwas unver­sucht, um den Wel­pen so früh wie mög­lich einer Viel­zahl von Rei­zen aus­zu­set­zen. Rei­ze, die anschwel­len, wie­der ver­schwin­den und durch neue ersetzt wer­den. Die auf schwan­ken­dem Boden Selbst­si­cher­heit geben. Die mal rol­len, mal lär­men, mal piek­sen wie Gras. Man kann dar­über strei­ten, was ein Wel­pe erin­nert. Das Gefühl, das alles mög­lich ist, gibt von allen die bes­te Erin­ne­rung ab.

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