Die zweite Woche von Ida’s Trächtigkeit? Vieles spricht dafür. Nur Ida nicht, die schläft – mehr als sonst und beinahe immer und überall. Ein gutes Zeichen?
Es ist stockfinster als ich die Augen öffne. Allein der grüne Schimmer der Zeitanzeige spendet etwas Licht. Es ist kurz nach vier, weiß ich einen Blick später, und mit einem Seufzen lasse ich mich zurück in die Kissen sinken. Als mein Kopf gerade die passende Kuhle gefunden zu haben scheint und sich die Augen schon wieder schließen wollen, höre ich es vor mir leise atmen. Zögerlich hebe ich ein Lid – auf den ersten zwanzig Zentimetern bloß Baumwolle und Dunkelheit, dahinter undeutliche Schatten. Als ich die Hand nach einem von diesen ausstrecke, beginnt er zu klopfen. Gleichmäßig, so wie das Schwanzwedeln eines Hundes. Meine Hand tastet Fell, einen Augenblick später sitzt der Schatten über mir. Ich drehe den Kopf und reibe mir seufzend die Augen. »Es ist kurz nach vier«, flüstere ich dem Schatten zu, der nicht nur Fell, sondern auch eine Schnauze und Ohren hat – mit der Uhrzeit aber scheinbar rein gar nichts anfangen kann. »Was machst du da?«, fragt er neugierig und senkt die Schnauze, das höre ich deutlich, über mein Ohr. »Was machst du da?«, fragt er erneut – und dann verschwimmt alles in einem spuckigen Rauschen, das meine Ohrmuschel wie Wellen umspült.
Während Nell an und für sich eher jene Sorte von Hund ist, dem man nur ein weiches, warmes Kissen anbieten muss, um den Tag als gelungen bezeichnen zu dürfen, sind Ida’s Bedürfnisse weit spezieller: Ida möchte helfen. Ida ist jene Sorte von Hund, die sich, während man selbst versucht eine Glühbirne zu wechseln, an den Fuß der Trittleiter setzt und fragt: »Was machst du da?«. Ida ist jene Sorte von Hund, die genau weiß, in welchem Schrank welches Putzmittel aufbewahrt wird – nicht nur weiß, wozu man es benutzt, sondern in der Regel auch wann. Ida ist jene Sorte von Hund, dessen größte Erfüllung ein eigener Staubsauger wäre. Ida ist – nein, wohl viel mehr, Ida war: »Was machst du da?«.
»Ich geh ins Bett«, heißt es stattdessen – und mit fragenden Blicken wird bloß der Kühlschrank bedacht. Da sich dieser nur dann und wann öffnet und man darüber hinaus nie das zu bekommen scheint, wonach es dem Bauch gerade begehrt, rollt man sich behaglich daneben zusammen und wartet, ob auf die Hand mit Möhre und Fenchel noch weitere folgen, die das ersehnte Wurstbrot endlich mit sich bringen. Und während ihr Brustkorb sich hebt und senkt bohrt sich mein Blick durch das glänzende Fell. Streift über die Lenden, streift über den Bauch – und fragt das darin mit wachsender Neugier still: »Was machst du da?«.
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