Nach acht Wochen ist es zum ersten Mal still – die letzten Zeilen in unserem Tagebuch. Welche Gedanken den Auszug unserer ersten Border Collie Welpen begleiten, ist hier nachzulesen.
Wohin du auch gehst,
geh mit deinem ganzen Herzen.
– Konfuzius
Eines Morgens ist er da, der letzte Tag. Mancher hat ihn lange herbei gesehnt, hat Tage und Wochen damit zugebracht, dieselben zu zählen und auch nachts kaum ein Auge zu gemacht. Auch ich habe längst gewusst, dass er kommen wird – und trotzdem bleibt alles anders an diesem Morgen. Nicht nur das Licht, das durch das Küchenfenster fällt scheint eine andere Farbe, auch die Luft scheint einen anderen Geruch zu haben – bittersüß und blassblau. Mit dem Gedanken, manches zum letzten Mal zu tun, steige ich bedächtig die Stufen hinab, halte vor der Türe kurz inne, zähle bis drei und drücke schließlich die Klinke.
Ihr wart sechs, vergesst das nicht …
Ihr wart sechs. Blind und taub. Wusstet nicht, was euch in dieser Welt erwartet und eure vier Pfoten trugen euch nicht allzu weit. In euren Träumen seid ihr gerannt, habt den Duft fremder Wiesen geatmet und geahnt, dass dieses Leben irgendwann zu klein werden wird, um euch Raum zu geben. Dass irgendwo hinter den blassblauen Hügeln ein Morgen wartet, das mehr verspricht als die vier Wände eines Hauses, das schattige Grün eines Gartens und die Hände, die euch gehalten haben. Ihr wart sechs, vergesst das nicht.
Dort, wo das kleine Leben endet …
Als sich die Tür am Freitagmittag öffnet, halte ich zuerst Edda im Arm. Kaum eine Stunde später ist es Liv, die ein letztes Mal ihre Nase gegen mein Ohr presst, mir zuflüstert, nicht traurig zu sein. Und statt der Tränen ist da tatsächlich nur das Gefühl, dass dort, wo das kleine Leben endet, das große Leben längst begierig darauf wartet beginnen zu dürfen. Ich schlucke einmal und lasse die ersten beiden gehen. Bis zum Abend werden zwei weitere folgen.
Ein Halsband aus Hoffnung, Stärke und Zuversicht …
Wir haben euch schmecken lassen was Geborgenheit ist. Wir haben euren Mut gefüttert und euer Selbstbewusstsein gestreichelt, haben euch mit gutem Willen zugedeckt und eure Träume mit Neugier geschmückt. Wir haben euch beigebracht, freundlich zu jedem Menschen zu sein. Euch erlaubt euch zu fürchten, um daran zu wachsen. Wir haben jedem von euch ein Stück unserer Seele mit auf den Weg gegeben, jedem zum Abschied ein Halsband aus Hoffnung, Stärke und Zuversicht umgelegt. Um irgendwann ganz der Hund zu werden, der tief in euch steckt.
Das ganz große Leben …
Als am Sonntag schließlich auch Lou das Haus verlässt, bleibt einer zurück. Einer, der nicht gehen wollte, der bleiben wird. Und der mit uns darauf warten wird, dass seine Geschwister zurückkommen, irgendwann. Weil nichts endet, weil alles neu beginnt. Jetzt ist es da, das ganz große Leben.
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