Die Nacht hat drei Stunden – zwei braucht es zum Einschlafen, eine halbe, um sich, wallfahrend zwischen Eile und Weile, in Wolkenkuckucksheim einzurichten, und das, was schlussendlich bleibt, um widerwillig den Heimweg einzuschlagen. Während ich mir noch den Schlaf aus den Augen reibe und es in den Ohren leise knackt, zwitschert es trotzig – mein Wecker hat vierundzwanzig Pfoten und sagt alle zwei Stunden die Uhrzeit an – aufgewacht, will es bedeuten. Das Bett gleich neben der Wurfkiste, werfe ich einen noch wolkenverhangenen Blick über den Rand und zähle durch: Mehr oder weniger brav liegen sechs Welpen an der Zitze – wobei das mehr auf fünfe zutrifft und das weniger bloß einem gilt. Schrillend schnellt der schwarz-weiße Unruhestifter von einem zum anderen, schreit, das sei keine Demokratie, und mit durchdringender Stimme wird nicht nur ein »Eigentum ist Diebstahl«, sondern im Land des Milchflusses auch die Anarchie ausgerufen. Als ich dem Störenfried schließlich mit einem sachten Stupser eine freie Zitze zuweise und unzweideutig zu verstehen gebe, dass die soziale Revolution auf Morgen verschoben sei, lässt auch er sich davon überzeugen, sich vorerst aufs Sattwerden zu beschränken und die Demonstration gegen die herrschende Staatsmacht, also mich, zu vertagen. Nachdem alle anderen schon wieder zufrieden eingeschlafen sind, nuckelt A-Punk noch eine ganze Weile versonnen vor sich hin: Hey ho, let’s go!
Die erste Stunde des Tages verbringe ich anschließend damit, die Welpen nach und nach auf die Waage zu setzen – bei manch einem gelingt das leicht, bei manch linkischem anderen bringt das digitale Gerät nur binäres Chaos zustande, das die Anzeige vor lauter Geblinke beinahe kapitulieren lässt. Als endlich alle Gewichte notiert sind und die Welpen aufgereiht und zufrieden an Mutters Zitzen liegen, gebe ich mich schließlich wieder meinem eigentlichen Vergnügen hin und gönne denen, deren Gewichte die gegenwärtigen Schlusslichter bilden (Rosey und A-Punk mit 480 und 498 Gramm), beim Welpenroulette die besseren Plätze.
Zum Wochenende hat sich Besuch angekündigt und für drei unserer Welpen wird sich entscheiden, wo sie in acht Wochen ihr Zuhause finden. Bis dahin werden sich die Geburtsgewichte der Welpen verdoppelt haben – und vielleicht blinzelt es den neuen Besitzern bereits aus milchig trüben Welpenaugen entgegen.
© Johannes Willwacher