»Wenn ich da jetzt Ja ankreuze, dann müssen Sie züchten, dann gibt es kein zurück.«
Es war noch dunkel, als ich heute morgen aufwachte. Im Vorübergehen verriet mir ein Blick auf die blinkende Anzeige des Telefons, dass es gerade viertel vor fünf, also noch viel zu früh war, um an einem Sonntagmorgen aufzustehen. Den Gedanken, mir die Bettdecke schnell wieder über den Kopf zu ziehen ließ ich ein paar Runden kreisen, während sich das Kaffeepulver ganz von selbst in die Maschine schaufelte – der Tag hätte wohl ähnlich vor sich hin tröpfeln können, wie der Kaffee, wäre es ein Sonntag wie jeder andere gewesen.
Würden sich der Mensch, der ich heute bin, und der Mensch, der ich einmal war zufällig treffen, wäre es wohl vor allen Dingen Verwunderung, die der eine für den anderen übrig hätte. Verwunderung darüber einerseits, auf was der eine verzichtet, und andererseits, was dem anderen stets entgangen ist: Ein Verzicht, der neue Türen öffnet tut nicht weh. Man sagt, dass kein Mensch als Züchter geboren wird, dass es ganz im Gegenteil so ist, dass sich die Persönlichkeit eines Züchters mit jedem Tag, jeder Begegnung entwickelt, sie hinterfragt und überdacht werden will.
War der Mensch, der ich einmal war bloß jemand, der die Gesellschaft eines Hundes geniessen konnte, kommt der Mensch, der ich heute bin nicht umhin, andere Anforderungen – nicht nur an sich selbst, sondern auch an seine Liebe zur Rasse – zu stellen: Es ist nicht mehr nur mein, es ist der Border Collie.
Ich kann mich gut an ein Gespräch erinnern, dass ich vor einigen Jahren mit einer langjährigen Züchterin führte – es ging um das Für und Wider der Zucht und die Frage, ob es nicht ohnehin genügend Züchter, genügend Hunde auf der Suche nach einem Zuhause gäbe. »Mehr gute Züchter – vielleicht nur einen guten mehr«, lautete die Antwort. Durch das Tropfen der Kaffeemaschine hörte ich heute morgen, kurz vor der Zwingerabnahme durch Beate Steinz, der Landesgruppenvorsitzenden des Club für Britische Hütehunde in Hessen, den Nachhall dieser Worte: »Vielleicht nur einen guten mehr«.
© Johannes Willwacher