Glück­lich nach bestan­de­ner Prüfung …

Der eine hat Angst vor gro­ßen Hun­den, dem ande­ren graut es davor allei­ne zu sein. Wie­der ein ande­rer fürch­tet sich vor Men­schen­men­gen, der nächs­te hat schlicht Angst vor der Angst. Statt dem einen »Wolf« Ver­trau­en zu füt­tern, scheint es leich­ter, dem ande­ren das Feld zu über­las­sen, der äch­zend und schnau­bend die Gedan­ken überrennt.

Als sich ges­tern mor­gen ein etwas zer­knautscht aus­se­hen­der Mann mitt­le­ren Alters mit einer Tas­se Kaf­fee zu mir an den Küchen­tisch setz­te, war es nicht schwer zu erken­nen, wel­cher »Wolf« in der Nacht in ihm getobt hat­te. Das sich hin­ter dem Ste­chen im Rücken, dem Zie­hen im Magen und dem dröh­nen­den Kopf etwas ganz ande­res ver­barg – etwas, dass sich eher mit Grund­ge­hor­sam, Lauf­sche­ma­ta und krei­sen­den Ach­ten befass­te – war offen­sicht­lich. Wer zehn Jah­re mit einem Men­schen zusam­men­lebt, der kennt annä­hernd jede Regung, jeden Win­kel, jeden Gesichts­aus­druck. Die­ser erin­ner­te an flüch­ten­de Rehe, weni­ger an den Jäger, mehr an den Gejag­ten. Und wäh­rend der Hund unter dem Küchen­tisch sich woh­lig streck­te, lächel­te ich nur und behielt den Gedan­ken »Prü­fungs­angst« für mich – um dem Mann im mitt­le­ren Alter wenig spä­ter nur noch ein »Ver­trau dei­nem Hund« mit auf den Weg zu geben.

Fünf­zig, links­kehrt. Die Begleit­hund­prü­fung ermisst nicht nur den Grund­ge­hor­sam und das Ver­hal­tens eines Hun­des in der Öffent­lich­keit, son­dern ist auch immer die unbe­ding­te Grund­la­ge für eine wei­te­re Aus­bil­dung. Wäh­rend es im All­tag durch­aus Gang und Gäbe ist, die Auf­merk­sam­keit eines Hun­des durch schmack­haf­te Hilfs­mit­tel ein­zu­for­dern oder zu beloh­nen, muss die gesam­te Prü­fung ohne die­se abge­legt wer­den. Auf einen Sach­kun­de­nach­weis, der vom Hun­de­füh­rer schrift­lich zu erbrin­gen ist, folgt die Prü­fung im Unter­ord­nungs­teil. Das fest­ge­leg­te Sche­ma muss sowohl mit ange­lein­tem Hund, als auch in der Frei­fol­ge gelau­fen wer­den. Neben Wen­dun­gen und Tem­po­wech­sel sind das Durch­ge­hen einer Grup­pe von min­des­tens vier Per­so­nen, das Absit­zen, das Able­gen und das anschlie­ßen­de Abru­fen vor­ge­se­hen. Zu Beginn der Unter­ord­nung eines wei­te­ren Teams ist der Hund schluss­end­lich aus der Grund­stel­lung abzu­le­gen, der Hun­de­füh­rer hat sich dar­auf­hin für die Dau­er der Prü­fung drei­ßig Schrit­te zu ent­fer­nen und mit dem Rücken zum Hund auf­zu­stel­len. Nach dem Bestehen des Unter­ord­nungs­teils wird im Außen­teil abschlie­ßend das Ver­hal­ten des Hun­des ande­ren Ver­kehrs­teil­neh­mern gegen­über überprüft.

Bei schöns­tem Herbst­wet­ter haben Dirk und Nell ges­tern ihre Begleit­hund­prü­fung bestanden.

© Johannes Willwacher